Das Unterflügelekzem, auch Unterflügelsyndrom, Stressdermatitis oder EMA-Komplex genannt, ist nicht nur bei Wellensittichen und Agaporniden ein Problem. Vielmehr ist das Unterflügelekzem eine der häufigsten Hauterkrankungen bei Papageien & Sittichen. In diesem Artikel erhältst du Informationen zu Entstehung und Behandlung dieser unangenehmen Erkrankung. Weiterlesen ...
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Was sind Unterflügelekzeme, Unterflügelsyndrom, Stressdermatitis oder EMA-Komplex?
Unterflügelekzeme, Unterflügelsyndrom, Stressdermatitis oder EMA-Komplex gehören zu den häufigsten Hauterkrankungen bei Papageien & Sittichen. Gemeint ist damit immer die gleichen Veränderungen der Haut unter den Flügeln: Schwellungen, Verfärbungen bis hin zu offenen, entzündeten Wunden unter den Flügeln, die nur schwer zu heilen sind.
Was bedeutet EMA-Komplex?
EMA steht für Ekzema melopsittacus et agapornis. Das bedeutet Wellensittich- und Agaporniden-Ekzem. Dieser Name ist irreführend, denn der Ema-Komplex betrifft bei weitem nicht nur Wellensittiche und Agaporniden. Jeder Papagei oder Sittich kann davon betroffen werden, sei es ein Graupapagei, Zwerg- oder sogar Hyazinthara.
Wie entstehen Unterflügelekzeme?
Leider ist diese Erkrankung nicht ausreichend erforscht und schwer zu heilen. Es ist nicht geklärt, was Unterflügelekzeme auslöst. Ein Zusammenhang mit verschiedensten möglichen Auslösern wird vermutet. Diese Vermutungen beruhen oft auf Anekdoten und Beobachtungen. Studien hierzu gibt es leider nicht. Folgende mögliche Auslöser werden erwähnt, ob sie tatsächlich für das jeweilige Unterflügelekzem verantwortlich sind, ist ungewiss:
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Der Teufelskreis des Unterflügelsyndroms
Ungeachtet des Auslösers, entsteht schnell ein Teufelskreis, wenn ein Papagei oder Sittich, eine Hautveränderung unter den Flügeln hat. Selbst eine kleine Schwellung oder ein geringer Juckreiz kann störend auf den Vogel wirken. Dieser kratzt und benagt die störende Stelle mit dem Schnabel. Dies führt zu kleinen Verletzungen.
Durch den Vogelschnabel werden Keime in diese Verletzungen gebracht. Diese entzünden sich. Das stört den Vogel noch mehr, sodass er die betroffenen Stellen stärker mit seinem Schnabel bearbeitet. Dadurch werden die Wunden immer größer, bis der Bereich unter den Flügeln großflächig betroffen ist. Auch die Entzündungen werden immer schlimmer. Dies kann sogar zu Todesfällen führen.
Wie kann ein Unterflügelekzem behandelt werden?
Die erfolgreiche Behandlung eines Unterflügelekzems ist extrem schwierig - oft unmöglich. Da die Ursache nicht bekannt ist, können im Wesentlichen nur die Symptome behandelt werden. Das heißt, der Vogel wird gegen Bakterien und Pilze behandelt, die sich auf den Wunden befinden. Gleichzeitig wird häufig das Immunsystem und besonders die Hautfunktion unterstützt.
Hierbei wird oft die ganze Bandbreite schulmedizinischer und naturheilkundlicher Mittel ausgeschöpft. Manchmal sind solche Behandlungen tatsächlich erfolgreich. In vielen Fällen sind sie es jedoch leider nicht. Oder nach einem anfänglichen Erfolg, verschlechtert sich das Unterflügelekzem wieder.
Zusätzlich wird häufig eine Halskrause eingesetzt, um den Vogel daran zu hindern, die Wunden weiter zu benagen. Dies kann effektiv sein, vermindert aber die Lebensqualität des Vogels weiter und bedeutet zusätzlichen Stress für Vogel und Halter. Häufig sind auch Rückfälle zu beobachten. Sobald die Wunde verheilt und die Halskrause entfernt wurde, fängt der Teufelskreis des sich-Benagens und entstehender Ekzeme und Entzündungen wieder von vorne an.
Welche Methoden & Mittel können bei Unterflügelekzemen helfen?
Nachfolgend eine Auflistung von Mitteln, die zumindest hin- und wieder bei Unterflügelekzemen geholfen haben sollen. Bitte beachte, dass es sich hierbei oft um Ankedoten handelt. Weder die Diagnose noch die Methode wurden wissenschaftlich überprüft. Häufig gibt es keinerlei Angaben über Dauer, Dosierung und Art der Verabreichung.
Ich verstehe, dass man bereit ist, alles auszuprobieren, wenn das Tier leidet. Aber bitte sprich solche Versuche unbedingt mit dem behandelnden vogelkundigen Tierarzt ab, damit deinem Vogel nicht zusätzlich geschadet wird:
Behandlung der Infektionen
Wundbehandlung
Stärkung des Immunsystems
Stärkung der Haut
Beruhigen
Alternativ / Naturheilkunde
Unterflügelsyndrom - Fallstudie
Unterflügelsyndrome kommen bei den verschiedensten Papageien vor. Die Heilung ist schwierig und oft sind alle Bemühungen erfolglos. In ihrem Bericht schildert Lena uns, wie ihr Hahns Zwergara Fino erfolgreich behandelt wurde.
Der Anfang des Unterflügelekzems
Fino kam mir schon den ganzen Tag so hektisch vor. Er putzte sich ununterbrochen mit nervösen Bewegungen und flog auffällig viel und schnell durch die Wohnung. Dabei habe ich mir noch nichts Schlimmes gedacht, sondern ging davon aus, dass sich der Kleine einfach mal auspowern müsse, weil er zu viel Energie hat.
Auffällige Änderung im Allgemeinbefinden
Als ich dann am nächsten Morgen ins Vogelzimmer ging, war mir sofort klar, dass etwas nicht stimmte. Fino saß zusammengekauert auf einer Stange, begrüßte mich nicht wie jeden Morgen mit „Hallo“ und stürzte sich auch nicht wie gewohnt auf das Obst und Gemüse. Als er sich dann anfing zu putzen, sah ich, dass sich unter dem ganzen rechten Flügel eine große frische Blutkruste befand.
Erstuntersuchung
Also habe ich mir Fino schnell mit einem Handtuch geschnappt und unter den Flügel geschaut. Meine Hoffnung war ja, dass „nur“ ein Blutkiel abgebrochen war. Leider erblickte ich eine tiefe Wunde in der Größe einer Zwei-Euro-Münze unter dem Flügel um den Ellbogen herum.
Da die Transportbox immer griffbereit steht (in solchen Momenten ist das wirklich wertvoll, weil man nicht unnötig Zeit verliert), setzte ich Fino hinein, gab ihm noch schnell Notfalltropfen zur Beruhigung und war auch schon unterwegs zum vogelkundigen Tierarzt. Diesen rief ich von unterwegs aus an und kündigte uns als Notfall an.
Beim Tierarzt
Der Tierarzt reinigte und versorgte die Wunde, legte Fino einen Halskragen an, da die Befürchtung bestand, dass er sich selber so zugerichtet hatte, und gab mir Medikamente mit.
Jetzt hieß es, dreimal täglich Wunde reinigen, Salbe auftragen, Antibiotikum, Pilz- und Schmerzmittel verabreichen. Aber Fino war ein geduldiger Patient, der die Prozedur tapfer über sich ergehen ließ. Nach einigen weiteren Kontrollbesuchen beim Tierarzt war nach ca. 4-5 Wochen alles schön verheilt und Fino wieder der Alte.
Zu früh gefreut
Ein Monat nach der Genesung hatte ich wieder einen schlimmen Verdacht, der sich leider bestätigte. Diesmal war es der linke Flügel und die Wunde war noch größer und wesentlich tiefer als zuvor.
Das Prozedere ging wieder von vorne los, da die Wunde aber so tief war, heilte sie nicht, sondern es bildeten sich Nekrosen. Alle zwei Tage fuhr ich die 70 km zum Tierarzt, der mich schon darauf einstellte, dass es möglich wäre, dass Fino seinen Flügel verliert.
Ich war am Boden zerstört und musste mich jedes Mal zusammenreißen, bevor ich Finos Wunde versorgte, um nicht loszuheulen, was für seine Genesung sicher nicht förderlich gewesen wäre.
Es wird nicht besser
Aber es wurde nicht besser, und auch eine Salbe, die Nekrosen enzymatisch entfernt, brachte nicht den Durchbruch. Also entschieden der Tierarzt und ich uns für eine Operation, in der das ganze abgestorbene Gewebe entfernt werden sollte.
Nach drei Minuten war alles erledigt, und Finochen hatte die kurze Narkose gut überstanden. Nun sah die Wunde für mich als Laien noch schlimmer aus – noch größer und frisch, aber mein Tierarzt war zufrieden mit dem Ergebnis.
Jetzt hieß es: der Flügel darf einige Tage nicht bewegt werden, damit die Wunde nicht immer wieder aufreißt und eine Chance hat zu heilen. Eine Hauttransplantation, mit der mein Tierarzt in derartigen Fällen schon oft Erfolg hatte, kam aufgrund der Lage der Wunde direkt am Ellbogen leider nicht in Betracht.
Also musste Fino fünf Tage in der Transportbox leben, was für ihn und mich schlimme Tage waren. Am Anfang randalierte er so sehr, dass ich richtige Angst um die frische Wunde hatte. Aber die Box war klein genug, sodass er die Flügel nicht ausbreiten konnte.
Tagsüber stand Fino auf meinem Schreibtisch, und ich versuchte ihn so gut es geht zu beschäftigen. Nachts stand die Box mit im Bett und Fino verstand es meisterlich mich auf Trab zu halten. Fiep, ich will trinken, fiep, ich will gekrault werden.
Aber die ganze Aktion brachte den Durchbruch. Nach sechs Tagen entließ ich Fino aus der Box zu seinen Mädels, und obwohl er direkt flog, bildete sich nur ein kleiner Riss in der Wunde, die aber zum Glück hielt.
Die Wunde heilte langsam, aber beständig, und es bildeten sich keine Nekrosen mehr. Nach einigen Wochen war kaum noch etwas zu sehen, und ich war froh, dass ich Fino nicht mehr dreimal täglich einfangen musste, obwohl er zum Schluss gar nicht mehr flüchtete, sondern einfach sitzen blieb.
Den Halskragen ließ ich in Rücksprache mit meinem Tierarzt zur Sicherheit an, bis auch fast alle Federn nachgewachsen waren, damit Fino nicht wieder auf dumme Gedanken kommen konnte.
Das Ganze ist jetzt fast ein Jahr her, und bislang gab es keine Rückfälle mehr. Einige Male war ich kurz davor aufzugeben, bin aber sehr froh, dass ich diese schlimme Zeit durchgestanden habe. Fino sprüht nur so vor Lebensfreude und bringt mich täglich zum Lachen.
Autorin: Lena Schenk