Wie gut sieht das Vogelauge? Kann das Papageienauge krank werden? Wie kannst du deinen Papageien & Sittichen helfen, damit ihre Augen optimal funktionieren können und gesund bleiben? Antworten auf diese Fragen und mehr erhältst du in diesem Artikel. Weiterlesen ...
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ACHTUNG: Sittiche sind Papageien. Deshalb sind alle Angaben auch für Sittiche gültig, selbst wenn diese nicht explizit genannt werden.

Papageienauge & Vogelauge - Einführung
Vögel haben einen der höchstentwickelten Gesichtsinne unter den Wirbeltieren. Das Vogelauge ist mit bis zu 30% der Schädelmasse, im Vergleich zu Säugetieren, recht groß. Bezogen auf Papageien und Sittiche, ist das Papageienauge wohl deren wichtigstes Sinnesorgan.
Sichtfeld Papagei - Auge mit (fast) Rundumsicht
Durch die seitliche Anordnung der Augen, haben Papageien & Sittiche fast eine komplette Rundumsicht. Dies erlaubt ihnen Feinde gut und frühzeitig zu erkennen. Auch die Halbkugel oberhalb des Kopfes kann das Papageienauge gut sehen.
Der Kompromiss, der dies ermöglicht, ist allerdings ein kaum vorhandenes Gesichtsfeld unterhalb des Schnabels. Es wird vermutet, dass die frontale Sicht auf den Schnabel gerichtet ist, weil dieser das Hauptwerkzeug von Papageien & Sittichen ist. Die Füße können problemlos Gegenstände in das Sichtfeld zum Schnabel heben.
Vogelaugen - Slow Motion Erkennung
Vogelaugen können extrem langsame Bewegungen von nur 15° pro Stunde wahrnehmen. Dies hilft ihnen, Fressfeinde, die sich langsam an sie heranschleichen, rechtzeitig zu erkennen. Außerdem soll die Erkennung der langsamen Bewegung der Sonne ihnen auch bei der Orientierung im Langstreckenflug helfen.
Das Vogelauge sieht besser
Das Papageienauge sieht deutlich besser als der Mensch. Dies kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen. Meine Papageien nehmen zum Beispiel Raubvögel am Himmel wahr, lange bevor ich diese auch nur als kleinsten Punkt überhaupt sehen, geschweige denn erkennen kann.
Untersuchungen bestätigen denn auch, dass die (retinale Auflösung) Sehschärfe des Vogelauges zwei bis viermal höher als bei Säugetieren ist.
Das Vogelauge und die Ernährung von Papageien & Sittichen
Die Bedeutung von Vitamin A, beziehungsweise dessen natürlich vorkommende Vorstufen, die Carotionoide, für die Gesundheit unserer Papageien & Sittiche ist bekannt. Weniger bekannt ist hingegen, deren zweifache Bedeutung für das Vogelauge. Genauer: deren Wichtigkeit für das Sehvermögen und die Wahrnehmung der Vögel untereinander.
Ernährung und Federkleid
Die Ernährung hat einen starken Einfluss auf die Ausfärbung des Federkleides. Dies wurde für unterschiedliche Vogelarten eingehend erforscht. Insbesondere ist die Ernährung wichtig für die Herausbildung geschlechtsspezifischer Signalfarben im Federkleid.
Diese sind wiederum von Bedeutung für die Erkennung untereinander und das Sexualverhalten der Vögel. In anderen Worten, was nicht da ist, kann das Papageienauge nicht sehen. Damit ein Papagei oder Sittich sein gefiedertes Gegenüber "richtig" erkennen kann, muss dieses optimal ernährt werden. Nur so kann sich das Gefieder optimal ausfärben.
Vogelaugen sehen, was wir nicht sehen können
Vogelaugen verfügen über stark gefärbte Retina-Öltröpfchen. Diese sind reich an Carotinoiden und spielen eine wichtige Rolle bei der Farberkennung.
Retina-Öltröpfchen ermöglichen dem Vogelauge im UV-Bereich zu sehen.
Studie über die Bedeutung von Carotinoiden für das Papageienauge
Die Wichtigkeit einer ausreichende Carotinoid-Versorgung für das Vogelauge wurde in einer Studie belegt. Die Untersuchungen fand an Zebrafinken und Pennantsittichen statt. Da Pennantsittiche zu den Papageien gehören, gelten die Ergebnisse sicherlich auch für das Papageienauge.
Mehr noch: Da diese Vogelarten nicht eng verwandt sind, gehen die Wissenschaftler sogar davon aus, dass die Ergebnisse der Studie auch auf andere Vogelarten übertragbar sind, da deren Augen ähnlich funktionieren.
Durchführung der Studie
Die Vögel wurden zunächst einige Zeit lang carotinoidarm ernährt. Anschließend, bekam ein Teil der Vögel weiterhin carotinoidarme Ernährung (Die Kontrollgruppe) während die anderen Tiere über das Trinkwasser Carotinoid-Zusätze erhielten.
Ergebnis der Studie
Durch die Studie wurde festgestellt, dass die Menge der Carotinoide in den Retina-Öltröpfchen durch die Ernährung direkt beeinflusst werden. Dabei spielten selbst kurzfristige Ernährungsumstellungen eine Rolle.
Wenn also durch die Ernährung weniger Carotinoide aufgenommen werden, steht weniger davon für die Retina-Öltröpfchen zur Verfügung. Die Fähigkeit der Farbdifferenzierung wird dadurch beeinträchtigt. Das heißt, die Tiere können Farben schlechter erkennen.
Nicht nur das Vogelauge leidet unter Carotinoid-Mangel
Ein Mangel an Carotinoiden beeinträchtigt also nicht nur das Vogelauge, sondern die gesamte Lebensqualität der Vögel. Zum einen hat es eine negative Auswirkungen auf das Sexualverhalten unserer Papageien & Sittiche. Zum anderen verändert es die Wahrnehmung ihrer Umgebung und die Erkennung von Nahrungsmitteln.
Meines Erachtens gibt uns diese Studie einen weiteren Grund, bei der Ernährung unserer Vögel darauf zu achten, dass sie genügend pro-Vitamin-A-haltige Nahrungsmittel zur Verfügung haben.
UV-Licht und das Vogelauge
Vögel sehen im UV-Bereich. Für draußen lebende Vögel ist dies kein Problem. Es ist genügend natürliches UV-Licht vorhanden, sodass das Vogelauge problemlos sehen kann.
UV-Mangel in der Wohnungshaltung schlecht für das Papageienauge
Papageien und Sittiche, die in der Wohnung leben, leiden hingegen in der Regel unter einem UV-Mangel. "Normales" Wohnungslicht (inklusive sogenannter Tageslichtleuchten) gibt kein UV-Licht ab. Auch eine am Fenster stehende Voliere ändert nichts daran. Denn Fensterglas lässt kaum UV-Licht durch.
Deshalb kann, das Papageienauge in der Wohnung, ohne zusätzliches UV-Licht, nicht ausreichend sehen. Sowohl Partner, als auch Futter sieht anders aus, als mit UV-Licht, da ganze Farbbereiche, die das Papageienauge mit UV-Licht sehen kann, wegfallen. Darüberhinaus ist UV-Licht auch für andere Prozesse im Körper wichtig.
Mehr über Vogellampen und UV-Licht für Papageien & Sittiche findest du im Bereich Haltung und im Artikel Sind Vogellampen (Bird Lamps) sinnvoll für unsere Vögel?
Empfohlene Ressourcen
Vogelauge - Erkrankungen
Symptome am Vogelauge bedeuten nicht immer, dass das Auge deines Papageis oder Sittichs auch wirklich erkrankt ist. Oftmals können solche Symptome am Auge das Papageis oder Sittichs auch Hinweise auf andere Erkrankungen deines Vogels sein.
Deswegen solltest du, sobald du irgendwelche Auffälligkeiten am Sittich- oder Papageienauge bemerkst, umgehend einen erfahrenen vogelkundigen Tierarzt aufsuchen. Nur dieser kann die notwendigen Untersuchungen durchführen und sicher diagnostizieren, was deinem Vogel fehlt.
Bei Bedarf zum Augenspezialisten
Hat deine vogelkundige Tierärztin festgestellt, dass tatsächlich das Vogelauge erkrankt ist, kann falls nötig, ein spezieller Augenarzt für Vögel hinzugezogen werden. Laut einer Studie, lag die Anzahl der tatsächlichen Erkrankungen am Vogelauge bei 7,6% von fast 11,000 untersuchten Vögeln.
Sind die Veränderungen am Vogelauge lediglich Symptome einer anderen Erkrankungen, muss diese natürlich in erster Linie behandelt werden.
Erkrankungen am Vogelauge - Ursachen
Es gibt unzählige Ursachen für Symptome am Vogelauge. Grob gesagt gehören diese in folgende Gruppen:
Vogelauge - Krankheitsursachen
Infektionen
- Bakterien
- Pilze
- Parasiten
- Viren
Vergiftungen
- Bleivergiftung
- Aflatoxinvergiftung
Mangelerkrankungen
- Vitamin-A Mangel
- Vitamin-E Mangel
- Vitamin-B5 Mangel
- Sonstige
Sonstige
- Erbkrankheiten
- Trauma
- Entwicklungsstörungen
- Tumore
- Unbekannte Ursachen
Quelle: Kompendium der Ziervogelkrankheiten, Kaleta, E. F., Krautwald-Junghanns, M.-E., 100ff
Weder Selbstdiagnose noch -Behandlung!
Wie du siehst gibt es viele Ursachen für Symptome am Vogelauge. Es ist fahrlässig, diese selbst - oder mithilfe diverser Internetforen- & gruppen - zu diagnostizieren und mit diversen Hausmittelchen zu behandeln.
1. Bleibende Schäden & Blindheit des Auges
Durch eine verzögerte oder falsche Behandlung riskierst du eine bleibende Schädigung des Vogelauges bis zur Blindheit deines Papageis oder Sittichs. Dies solltest du auf keinen Fall riskieren! Schließlich ist das Papageienauge das wichtigste Sinnesorgan deines Papageis oder Sittichs!
2. Erkrankung deines Vogels
Das Symptom am Vogelauge kann Hinweis auf eine mehr oder minder schwere Erkrankung deines Vogels sein. Wenn du also das Symptom auf eigene Faust behandelst, nimmst du deinem Vogel die Möglichkeit, für die eigentliche Erkrankung behandelt zu werden.
Falls es eine ansteckende Krankheit ist, kann dieses Problem auch andere Schwarmmitglieder betreffen. Schlimmstenfalls führt dies zum Tode eines oder mehrerer deiner Papageien oder Sittiche. Willst du das wirklich riskieren?
3. Gefahr für den Menschen
Manche Symptome am Vogelauge weisen auf Erkrankungen hin, die auch für den Menschen gefährlich werden können. Die "Facebook & Google-Diagnostik" führt also nicht nur dazu, dass deinem Vogel nicht geholfen wird, möglicherweise schadest du damit auch dir selbst oder anderen Menschen in deinem Umfeld.
Wenn also zum Beispiel das Papageienauge tränt oder gerötet ist, dann ist es weniger wichtig, die Tränen oder die Rötung zu behandeln. Vielmehr sollte (unter anderem) abgeklärt werden, ob dein Vogel an Psittakose (Papageienkrankheit) leidet. Diese kann für Menschen mit schwachem Immunsystem sogar tödlich enden.
Wenn das Papageienauge blind wird
Das Papageienauge ist der wichtigste Sinn für unsere Vögel. Wie schlimm ist es also, wenn dein Papagei oder Sittich ein Auge verliert oder sogar ganz erblindet?
Im Rahmen meiner Tätigkeit hatte ich schon häufiger mit ganz oder teilweise erblindeten Vögeln zu tun. Erstaunlicherweise scheinen Papageien und Sittiche damit recht gut klarzukommen. Natürlich ist eine solche schwere Behinderung niemals schön. Aber Blindheit ist definitiv kein Grund einen Papagei oder Sittich einzuschläfern.
Wenig Veränderungen
Wenn du einen blinden Vogel hast, dann solltest du die Einrichtung nicht ständig ändern. Dies hilft dem Tier sich zu orientieren. Im vertrauten Umfeld, finden sich blinde Papageien und Sittiche recht gut zurecht.
Es bedeutet nicht, dass du keine neuen Spielzeuge zur Verfügung stellen darfst. Aber die Futter- & Wasserschalen sowie Kletter- und Fluchtwege sollten an derselben Stelle bleiben.
Behindertengerechte Einrichtung
Außerdem fliegen blinde Vögel oft nicht. Die Einrichtung deines Vogelzimmers sollte also behindertengerecht sein. Das heißt, richte den Raum genauso ein, wie du es für einen flugunfähigen Vogel machen würdest.
Manche blinde Papageien & Sittiche fliegen sogar ein wenig, wenn ihnen kontrollierte Möglichkeiten dafür zur Verfügung stehen. Ich hatte zum Beispiel eine blinde Graupapageiendame, die mehrfach täglich eine Haushaltsleiter von ca. 150 Zentimeter Höhe hochgeklettert ist. Oben angekommen, flog sie über eine Strecke von drei bis vier Meter wieder hinunter. Ihr machte dies sichtlich Spaß.
Blind bedeutet nicht einsam
Viele Halter glauben, dass ein blinder oder sonst wie behinderter Vogel nur mit einem anderen behinderten Vogel oder sogar alleine gehalten werden muss. Dies ist falsch! Alle behinderten und blinden Vögel, die bei mir sind (oder waren), haben sich im Schwarm mit nicht behinderten Partnern zusammengetan.
Einige der behinderten Tiere, sind nur nur gut klargekommen, sie haben sich auch eindeutig gegenüber anderen Vögel behauptet.
Wenn du allerdings merkst, dass ein blinder oder behinderter Vogel von den anderen Tieren angegriffen wird, sich nicht wehren kann und deswegen im Dauerstress steht oder sogar in Gefahr ist verletzt zu werden, dann muss er natürlich vom Schwarm getrennt werden. Aber dies ist extrem selten.
Auch blinde Vögel müssen beschäftigt werden
Die Halter blinder Vögel stehen vor einer besonderen Herausforderung, diese zu beschäftigen. Oftmals finden normale Tätigkeiten nicht mehr statt, wie zum Beispiel die Futtersuche. Hier kann Clickertraining enorm helfen.
Clickertraining zur Beschäftigung
Papageientraining bietet eine hervorragende Möglichkeit blinde und behinderte Vögel zu beschäftigen. Hierbei können die intelligenten Tiere sowohl geistig als auch körperlich durch entsprechende Übungen besser ausgelastet werden.
Clickertraining für die bessere Lebensqualität
Durch entsprechendes Papageientraining kann die Lebensqualität eines blinden Vogels weit über reine Beschäftigung hinaus verbessert werden. So erleichtert zum Beispiel Medical Training notwendige Behandlungen und reduziert den Stress dabei. Es können aber auch gezielte Bewegungsabläufe geübt werden, sodass der blinde Vogel sich besser in seiner Umwelt zurecht findet.
Ein blinder Ara, der bei mir lebte, hat zum Beispiel gelernt, meinem Fingerschnippen hinterherzulaufen. So konnte er sich orientieren und verlor seine Angst vor dem Umfeld. Dadurch konnte er seinen Aktionsradius erheblich erhöhen.
Wenn du mehr über das Clickertraining mit blinden und behinderten Vögeln lernen möchtest, dann komm bitte in meinen Kurs-mit-Gruppen-Coaching.
Quellen
- Avian retinal oil droplets: dietary manipulation of colour vision?, Ben Knott, Mathew L. Berg, Eric R. Morgan, Katherine L. Buchanan, James K. Bowmaker and Andrew T. D. Bennett, Proc. R. Soc. B (2010) 277, 953–962
- Taschenatlas der Ernährung, Hans Konrad Biesalski, Peter Grimm,Thieme Verlag,3. Auflage, 2004
- Avian Color Vision and Coloration: Multidisciplinary Evolutionary Biology, Bennett, A. T. D. & Théry, M. 2007 Am. Nat. 169, S1–S6
- Augenerkrankungen bei Ziervögeln, Ammon, J. A., 2013, LMU
- Kompendium der Ziervogelkrankheiten, Kaleta, E. F., Krautwald-Junghanns, M.-E., 100ff
- Vision, touch and object manipulation in Senegal Parrots Poicephalus senegalus, Demery, Z., Chappell, J., Martin, G. R., Proceedings of the Royal Society B: Biological Sciences, April 2011